„Der Blick hinter die Kulissen begleitet mich mein Leben lang."

22.04.2024
München

Von Beginn an Oper: Ein Interview von Hanna Hellenbroich-Schrader (HR-Managerin) mit Laura Mittelstädt über die Arbeit für actori an der Bayerischen Staatsoper.

 

Hallo Laura! Schön, dass wir die Zeit haben mal wieder ausführlich zu sprechen. Da du deinen Arbeitsplatz an der Bayerischen Staatsoper hast, gibt es wenige Möglichkeiten sich auszutauschen oder aber für den klassischen „Büro-Smalltalk“ zwischendrin.
Hallo Hanna, danke dir, da hast du recht. Zum Glück gibt es die diversen Jour-Fixe Termine und Team-Events über das Jahr verteilt, bei denen sich die Opern-Teams  (Vermarktung) und die Beratung treffen und austauschen.

Du hast deine berufliche Laufbahn im September 2008 bei uns begonnen. Letztes Jahr hattest du 15-jähriges Jubiläum. Herzlichen Glückwunsch noch einmal. Wie bist du damals auf actori aufmerksam geworden und war für dich von Anfang an klar, dass es die Vermarktungsabteilung sein muss?
Während meines Studiums im Bereich Kultur- und Medienmanagement an der HfMT in Hamburg hat mich eine tolle Dozentin neugierig auf das Thema Sponsoring und Fundraising gemacht. Also habe ich damals in meinem Praxissemester ein Praktikum im Development-Büro der Bayerischen Staatsoper in München absolviert. So bin ich zum ersten Mal auf actori aufmerksam geworden. Beraterin werden war für mich aber nie eine Option, in einer Kulturinstitution arbeiten schon. Meine Mutter ist Bildende Künstlerin, die auch Ausstattung und Kostüm im Theater macht. Mein Vater hat seit ich denken kann im Theater gearbeitet. In Hamburg, Berlin und viele Jahre als Technischer Leiter am Staatstheater Kassel und später an den Staatstheatern in Stuttgart. Ich bin hinter den Kulissen aufgewachsen und habe gesehen, welche harte Arbeit in jeder Hinsicht und in jedem Gewerk das ist. Dabei habe ich früh bemerkt, welche „Kraft“ man aus Kunst und Kultur schöpfen kann; welche Aufgabe diese für die Gesellschaft hat. Ich bin sicher, daher kam dann auch der Wunsch, “backstage“ für ein Opernhaus tätig zu werden.

Spannend, dass du schon so früh so tiefe Einblicke in die Opernwelt bekommen hast. Die Bayerische Staatsoper ist noch dazu auch die erste Kundin von actori gewesen und damit ein Herzensprojekt von Maurice Lausberg. Was hat sich seit den Anfängen in der Abteilung verändert?
Als ich nach meinem Praktikum damals fest bei der Oper anfing, waren wir eine kleine Abteilung mit drei Personen. Durch die Professionalisierung von Fördererstrukturen, Anzeigenvermarktung und den vielen Events ist das Opernteam stetig gewachsen. Während ich am Anfang viele Projekte wie beispielsweise "Oper für alle" mit BMW betreut habe und darüber hinaus andere unterschiedliche Tätigkeiten im Team ausgefüllt habe, konzentriere ich mich heute auf den Bereich Ticketing. Hier arbeite ich ganz besonders an der Schnittstelle zwischen dem Haus und den Kundinnen und Kunden beziehungsweise Sponsorinnen und Sponsoren. Vermutlich bin ich mittlerweile die Person mit dem meisten Direktkontakt. Mein Aufgabenbereich ist heute klarer und viel kleiner definiert als früher, hat aber immer mit allen Bereichen unserer Abteilung zu tun. Das bietet einen tiefen Einblick, bedingt aber auch, Überblick zu haben.

Der Erfolg der Vermarktungseinheit an der Bayerischen Staatsoper spricht für sich und ich kann mir vorstellen, dass es in der Funktion viele Dinge zu überblicken gilt. Was ist das Wichtigste im direkten Kontakt mit den Sponsorinnen und Sponsoren?
Ich würde sagen, das richtige Gespür für die Bedürfnisse der Sponsorinnen und Sponsoren zu haben. Sie in erster Linie abzuholen; ihre Partnerschaft mit dem Haus besonders und vor allem individuell zu machen. Zu wissen, warum sie das Stück auswählen, anderen wiederum etwas zu empfehlen. Herausspüren welche Künstlerinnen und Künstler sie sehen möchten beziehungsweise bevorzugen. Nicht nur bin ich über 15 Jahre dabei, auch viele Partnerinnen und Partner sind dem Haus schon so lange verbunden. Diese Liebe zu betreuen heißt auch, die Begeisterung für das Musiktheater zu teilen. Dabei bin ich tatsächlich gerne die „Ticket-Tante am Telefon“. Das ist so individuell wie abwechslungsreich. Es heißt aber auch, sich selbst zurückzunehmen, zuzuhören und ganz besonders: genau hinzuhören. Wer bei uns ein Ticket im Rahmen seiner Partnerschaft bestellt – sei es ein Unternehmen im Rahmen eines Sponsorings oder als Privatperson im Rahmen eines individuellen Engagements für die Bayerische Staatsoper – der bekommt mehr als nur Karten: eine Führung hinter den Kulissen, eine Einführung ins Werk, einen Gruß zum Geburtstag oder Jubiläum, ein signiertes Programm, ein Häppchen zum Wein in der Pause und Vieles mehr. Ich würde sagen, wir betreuen Freundschaften mit Leidenschaft.

Du bist Mutter von zwei Kindern, das ist sicherlich auch herausfordernd in einer Institution, die aus Sicht deiner Kundinnen und Kunden am Abend erst zum Leben erwacht. Wie schaffst du diesen Spagat?
Das Vermarktungsteam ist nicht nur in der Größe gewachsen, auch sind wir ein super Team. Wir agieren verzahnt und unterstützen uns nach Kräften. Planung ist alles - wir teilen uns gut auf und stimmen uns in den Vorbereitungsterminen immer frühzeitig ab. Klar definierte Aufgabenbereiche und Verantwortlichkeiten ermöglichen ein realisierbares Zeitmanagement. Gutes Projektmanagement ist das, was ganz actori (Beratung und Vermarktung) immer wieder trainieren. Dafür nehmen wir alle regelmäßigen Schulungen wahr.
Natürlich kann ich als Mutter im Hinblick auf die zusätzlichen Abendveranstaltungen nicht mehr auf all unseren Events persönlich dabei sein. Aber viele Abende sind beruflich, wie auch aus persönlicher Leidenschaft, dann eine schöne Pflicht: Wenn sich das Orchester einspielt, aber langsam leiser wird, Stille einkehrt, sich das Räuspern des Publikums legt, das Licht im Saal ausgeht und sich dann klick, klick, klick die Türen zum Vorderhaus schließen… dann halte ich kurz den Atem an, bevor das Orchester mit der Ouvertüre ansetzt. Dieser Moment ist wunderschön, denn man weiß, „jetzt lass ich mich verzaubern“. Draußen ist nichts und man selbst sitzt drinnen und sieht, hört, fühlt die Magie des Musiktheaters. Und - es ist natürlich auch eine schöne Pause vom Familienchaos, keine Frage!

Auf welche Premiere 2024/25 freust du dich am meisten?
Ganz klar: Das Rheingold. Beziehungsweise auf den neuen Ring des Nibelungen in den kommenden Jahren. Ich begeistere mich sehr für unsere letzte Ring-Inszenierung von Andreas Kriegenburg. 2012 war DAS Ring-Jahr: Alle vier Teile hatten in einer Saison Premiere; eine Mammutaufgabe für das ganze Haus. Aber jede neue Interpretation regt den Geist an. Eröffnet neue Perspektiven. Bringt aktuelle Gesellschaftsthemen zum Diskurs auf die Bühne. Somit freue ich mich auf eine Neuauflage unter einer neuen Regie mit Tobias Kratzer, denn Die Passagierin, die er kürzlich auf die Bühne des Nationaltheaters gebracht hat, war zutiefst beeindruckend.

 

Team